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Betriebsratsminderheit kann Vorwürfe nicht belegen
Die Behauptung von sechs Mitgliedern im Betriebsrat eines Stuttgarter Automobilwerks, nach der die Mitglieder einer gewerkschaftlichen Mehrheitsliste überdurchschnittlich bezahlt würden und damit gegen das Ehrenamtsprinzip des BetrVG verstießen, konnte sich nicht durchsetzen.
Das geht aus einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg (Beschl. v. 13.02.2014 – 3 TaBV 7/13) hervor. Sechs Mitglieder des 43-köpfigen Betriebsrats des Werkes Stuttgart-Untertürkheim hatten ein arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren eingeleitet und machten u.a. einen Verstoß gegen das Ehrenamtsprinzip des BetrVG geltend, da die Arbeitsentgelte der Betriebsratsmitglieder, die auf der Liste einer Gewerkschaft in den Betriebsrat gewählt wurden, höher ausfielen als bei den Antragsstellern und bei vergleichbaren Arbeitnehmern im Betrieb. Die Richter lehnten die Anträge als unzulässig ab. Die Anträge würden bereits an der erforderlichen Antragsbefugnis der Beschwerdeführer scheitern, da sie durch die behauptete Begünstigung anderer Betriebsratsmitglieder nicht in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung betroffen seien.
Zulässigkeit von Seminartätigkeiten während der Arbeitszeit?
Die Kündigung eines Betriebsrats, der tageweise als Referent für eine Gewerkschaft Seminare gibt, ist nicht wirksam. Es liegt kein Arbeitszeitverstoß vor, wenn der teilzeitbeschäftigte Mitarbeiter zu diesem Zweck den vereinbarten Ausgleichszeitraum geringfügig überschreitet.
Das geht aus einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (Beschl. v. 30.01.2014 – 15 TaBV 100/13) hervor. Die Arbeitgeberin betreibt ein Krankenhaus und begehrte die Zustimmung des Betriebsrats zur fristlosen Kündigung eines freigestellten Betriebsratsmitglieds, sowie dessen Ausschluss aus dem Betriebsrat. Das fragliche Mitglied war trotz nicht gewährten Sonderurlaubs mehrere Tage dem Krankenhaus fern geblieben, um als Referent für eine Gewerkschaft Seminare abzuhalten. Der Betriebsrat lehnte eine Zustimmung ab, ebenso wies das Arbeitsgericht den Antrag zurück. Die Richter wiesen den Antrag ebenfalls zurück. Es liege kein Grund für eine fristlose Kündigung vor. Die Arbeitszeit des Betriebsratsmitglieds sei auf 31 Wochenstunden reduziert gewesen. Gemäß einer geltenden Arbeitszeitregelung sei das Betriebsratsmitglied verpflichtet gewesen täglich innerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit für Betriebsratstätigkeit anwesend zu sein. Dies entspreche einer 38,5-Stunden-Woche. Die wöchentlich je um 7,5 Stunden über eine 31-Stunden-Woche hinausgehende Arbeitszeit solle das Mitglied nach der Arbeitszeitregelung jeweils innerhalb 4 Wochen ausgleichen. Demgemäß dürfe das Mitglied auch tageweise der Seminartätigkeit nachgehen. Die geringfügige Überschreitung des Ausgleichszeitraums im Einzelfall rechtfertige keine fristlose Kündigung, da die Regelung zum Ausgleich innerhalb von vier Wochen eine „Soll“-Vorschrift sei.
Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Nutzung von „Google Maps“?
Setzt der Arbeitgeber zu Zwecken der Reisekostenabrechnung einen internetbasierten Routenplaner ein, so steht dem Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht zu. Da die Überprüfung der Entfernungsangaben in diesem Fall durch menschliches Handeln in Gang gesetzt wird, fehlt es bereits an der notwendigen Leistungs- oder Verhaltenskontrolle durch die technische Einrichtung.
Das entschied das Bundesarbeitsgericht (Beschl. v. 10.12.2013 – 1 ABR 43/12). Die Arbeitgeberin betreibt ein Logistikunternehmen und hatte „Google Maps“, im Rahmen des Antrages eines Arbeitnehmers hinsichtlich der Erstattung von Reisekosten für die Teilnahme an einer Betriebsratsversammlung, verwendet. Als in der Folge ermittelt wurde, dass die Kilometerangaben des Arbeitnehmers überhöht gewesen waren, wurde dieser abgemahnt. Der Betriebsrat verlangte nunmehr die Anwendung von „Google Maps“ zu unterlassen, da sein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG berührt sei. Die Richter gaben dem Betriebsrat nicht Recht. Selbst, wenn die Arbeitgeberin „Google Maps“ im Sinne einer Ehrlichkeitskontrolle verwenden würde, fehle es an der notwendigen Leistungs- oder Verhaltenskontrolle durch eine technische Einrichtung. Die Überprüfung der Entfernungsangaben werde nämlich nicht durch den Routenplaner, sondern ausschließlich durch menschliches Handeln in Gang gesetzt.
Navi-Fehler führt zu hohem Schaden und fristloser Kündigung
Eine fristlose Entlassung aufgrund eines Unfalls, der für einen hohen Schaden beim Arbeitgeber sorgt und zumindest teilweise auf einen Navi-Fehler zurückzuführen ist, rechtfertigt nicht in jedem Fall eine fristlose Kündigung. Das Verfahren endete mit einem Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht Hamm (Vergl. v. 24.01.2014 – 10 Sa 1098/13). Entsprechend den Vorgaben des Navigationsgerätes landete ein LKW-Fahrer mit seinem 15-Tonner auf einem vereisten Waldweg und rutschte an einer Steigung von der Straße eine Böschung hinunter. Der Schaden am LKW und die Bergungskosten beliefen sich auf über 18.000 Euro. Am Waldweg war ein Verbotsschild für LKWs über 3,5 Tonnen aufgestellt. Der Arbeitgeber kündigte den Kläger fristlos und behielt sich Schadensersatzansprüche vor. Nachdem die Richter am Arbeitsgericht der Kündigungsschutzklage stattgaben, einigten sich die Parteien in der Berufungsinstanz nunmehr mit einem Vergleich. Die Rechtswirksamkeit der angegriffenen Kündigung sei sehr schwer zu beurteilten, sodass die Richter auf die Möglichkeit eines Vergleiches drängten. Im Rahmen des geschlossenen Vergleiches endet das Arbeitsverhältnis mit einer Abfindung in Höhe von 500 Euro fristgerecht und etwaige Schadensersatzansprüche wurden zurückgezogen.
Kündigung aufgrund Falschbeschuldigung von Kollegen
Die Aufstellung einer ehrenrührigen Behauptung über Vorgesetzte und Kollegen durch einen Arbeitnehmer kann zu dessen ordentlichen Kündigung führen. Eine Abmahnung ist in solchen Fällen dabei grundsätzlich entbehrlich.
Das entschied das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urt. v. 04.02.2014 – 19 Sa 322/13). Die klagende Sekretärin war beim beklagten Landkreis in einer Stadtkämmerei beschäftigt. Der Landkreis kündigte ihr Arbeitsverhältnis ordentlich, als er erfuhr, dass die Klägerin sowohl gegen die Kämmerin als auch gegen weitere Kollegen schwere Vorwürfe erhob. Die Vorwürfe beinhalteten Alkoholexzesse und sexuelle Handlungen während des Dienstes. Die Richter hielten die Kündigung nach der Vernehmung von Zeugen für rechtmäßig. Die Beschuldigungen der Klägerin seien zu Unrecht erfolgt und hätten die arbeitsvertraglichen Pflichten schwerwiegend verletzt. Die ehrenrührigen Behauptungen der Klägerin seien auch nicht durch die teilweise zu beanstandenden Arbeitsabläufe der Stadtkämmerei zu rechtfertigen. Die Fortführung des Arbeitsverhältnisses sei der Beklagten nicht zumutbar.
Ordentliche Kündigung aufgrund von Steuerhinterziehung?
Beschäftigte müssen mit einer ordentlichen Kündigung rechnen, wenn die Nettoeinkommen durch eine rechtswidrige Abrechnungspraxis gesteigert werden. Dies gilt selbst dann, wenn die rechtswidrige Abrechnung in Kenntnis oder sogar mit Zustimmung des Vorgesetzten erfolgt.
Das entschied das Arbeitsgericht Kiel (Urt. v. 07.01.2014 – 2 Ca 1793 a/139). Die Klägerin war bei dem beklagten Reinigungsunternehmen als Reinigungskraft, Vorarbeiterin und Objektleiterin beschäftigt. Sie hatte dafür gesorgt, dass bei einem Reinigungsobjekt ihre Arbeit über zwei andere, auf geringfügiger Basis beschäftigter Mitarbeiterinnen abgerechnet wurde. Diese zahlten das erhaltene Geld sodann an die Klägerin aus. Als der Geschäftsführer dies erfuhr, wurde sie gekündigt. Die Frau wandte sich gegen die Kündigung und machte geltend, dass der Betriebsleiter ihr die Abrechnungspraxis selbst vorgeschlagen habe und diese seit vielen Jahren im Betrieb angewandt werde. Die Richter hielten die ordentliche Kündigung für wirksam. Die Rücksichtnahmepflicht gem. § 241 BGB sei von der Klägerin schwerwiegend verletzt worden, da sie wusste, dass Gesetze umgangen würden Trotz der langjährigen Betriebszugehörigkeit, ihrer Schwerbehinderung und der ansonsten beanstandungsfreien Tätigkeit, würden die Schwere der Verfehlung und die Vorbildfunktion der Klägerin überwiegen. Auch sei eine Abmahnung entbehrlich gewesen.
Jobverlust eines Beamten aufgrund Tanzmusik
Ein Beamter kann aus dem Beamtenverhältnis entlassen werden, soweit er trotz Erkrankung regelmäßig in einer Tanzband spielt.
Das entschied das Bundesverwaltungsgericht (Beschl. v. 31.01.2014 – 2 B 88.13). Dem klagenden Regierungsobersekretär wurde eine Nebentätigkeit als Mitglied einer Tanz- und Showband genehmigt. Allerdings war ihm das Musizieren im Krankheitsfall untersagt worden. Als der Kläger sich nicht daran hielt und selbst nach Widerruf der Genehmigung und trotz Krankheit noch Dutzende Male mit seiner Band auftrat, entließ das Verwaltungsgericht Göttingen den Beamten aus dem Dienst. Die Richter hielten die Entscheidung für rechtmäßig. Der erkrankte Beamte sei dazu verpflichtet alles Mögliche und Zumutbare für eine alsbaldige Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit zu tun. Dies sei vor allen anderen Interessen vorrangig und daher auch vor privaten Nebentätigkeiten. Das besonders gravierende Vergehen des Klägers, liege in der beharrlichen Weigerung, dieser Dienstpflicht nachzukommen und rechtfertige die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis.
Altersdiskriminierung bei Suche nach „Berufseinsteiger“
Eine größere arbeitsrechtliche Rechtsanwaltspartnerschaft hat eine rechtlich missglückte und im Ergebnis altersdiskriminierende Stellenanzeige geschaltet.
Das geht aus einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (Beschl. v. 30.01.2014 – 15 TaBV 100/13) hervor. Die beklagte Rechtsanwaltspartnerschaft verlinkte eine Stellenanzeige in einer juristischen Fachzeitschrift mit einer konkreten Stellenanzeige auf der eigenen Webseite. Auf dieser wurde sodann ein Rechtsanwalt für den Bereich Restrukturierung und Immobilienwirtschaft mit folgendem Text gesucht: „Suchen Sie nach einer realen Chance auf eine Partnerschaft in einer renommierten Anwaltskanzlei? Wir bieten eine spannende Alternative zu internationalen Großkanzleien, sowohl in beruflicher, wirtschaftlicher als auch persönlicher Hinsicht. Sie sind Berufseinsteiger oder haben bereits ein bis zwei Jahre als Rechtsanwalt in einer wirtschaftlich ausgerichteten Kanzlei gearbeitet“. Der 60 jährige Kläger bewarb sich auf diese Stelle und wurde von der Beklagten sodann negativ beschieden. Er machte sodann eine Entschädigung von 10.000 Euro wegen Altersdiskriminierung geltend. Die Richter wiesen die Klage ab. Aufgrund des Ausschlusses potentieller Bewerber wegen ihres Alters, sei bei der Stellenanzeige von einem diskriminierenden Sachverhalt auszugehen. Allerdings bestünden an der Ernsthaftigkeit der Bewerbung ernsthafte Zweifel, sodass diese wohl als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren sei.
Dienstunfall bei Sturz einer Lehrerin von der Bierzeltbank?
Ist der Besuch eines Volksfestes offizieller Programmpunkt einer Klassenfahrt und stürzt eine Lehrerin im Bierzelt in diesem Rahmen von der Festzeltbank, so ist dies als Dienstunfall zu bewerten.
Das entschied das Verwaltungsgericht Stuttgart (Urt. v. 31.01.2014 – 1 K 173/13). Im Rahmen einer Klassenfahrt nach München im Mai 2012 betreute die klagende Lehrerin mehrere Schüler bei einem Besuch des Frühlingsfestes. Als sie mit den Schülern zum Ausklang dieses Programmpunkts ein Bierzelt besuchte, kippte die dortige Bank, auf der die Lehrerin und zwei Schülerinnen standen, um. In der Folge verletzte sich die Lehrerin am Rücken und musste ins Krankenhaus gebracht werden. Den Antrag auf Anerkennung des Vorfalls als Dienstunfall lehnte das Regierungspräsidium Stuttgart ab. Die Richter dagegen gaben der Klage statt und verpflichteten das Land Baden-Württemberg zur Anerkennung eines Dienstunfalls. Die Lehrerin sei als Begleit- und Aufsichtsperson beim Bierzeltbesuch, als offiziellem Programmpunkt der Klassenfahrt, zur Teilnahme verpflichtet gewesen. Dies sei schon allein zur Durchsetzung des ausgesprochenen Alkoholverbots erforderlich gewesen. Auch stehe das Steigen auf die Festzeltbank in einem engen natürlichen Zusammenhang mit den Dienstaufgaben, da es durchaus üblich und sozialadäquat sei, dass Besucher eines Bierzelts bei dargebotener Livemusik kollektiv auf die Bänke stiegen und zur Musik tanzten. Daher sei es nicht zu beanstanden gewesen, dass alle gemeinsam auf den Bänken standen und tanzten.
Anspruch auf Teilnahme am Bundesliga-Training?
Der Eilantrag gegen den vorübergehenden Ausschluss vom Profitraining von einem prominenten Fußballspieler eines Berliner Erstligavereins, ist erfolglos gewesen.
Das geht aus einem Urteil des Arbeitsgerichts Berlin (Beschl. v. 18.02.2014 – 38 Ga 2145/14) hervor. Der klagende Spieler steht bei dem Berliner Erstligaverein als Profifußballer unter Vertrag und wurde von diesem angewiesen, vorübergehend nicht mehr am Training der in der 1. Fußballbundesliga auflaufenden Mannschaft (Lizenzmannschaft) teilzunehmen. Stattdessen sollte er bei der 2. Mannschaft trainieren. Mittels einstweiliger Verfügung wollte der Kläger dennoch die Teilnahme am Profitraining erzwingen. Die Richter wiesen den Antrag ab. Es bestehe eine arbeitsvertragliche Verpflichtung auch am Spielbetrieb der 2. Mannschaft teilzunehmen, da dieser Einsatz im Arbeitsvertrag einwandfrei und rechtswirksam vereinbart worden sei.